Mutterglück & Mitgefühl

Natürlich werde ich immer wieder gefragt, ob ich mit meinen Kinder Yoga „mache“. Setzt man wohl voraus, wenn die Mutter Yogalehrerin ist. Wobei man einen Chirurgen vermutlich nicht fragen würde, ob der siebenjährige Sohn auch schon operiert. Aber egal. Tatsächlich ist es nämlich so, dass ich es wie der Chirurg halte und mit dem Nachwuchs zuhause nicht seziere, beziehungsweise praktiziere. Zumindest keine Asanas – was die meisten Frager allerdings meinen, wenn sie von „Yoga machen“ sprechen. Und es ist auch so, dass meine Tochter und mein Sohn mit Yoga eher wenig anfangen können, weil sie es doof finden, dass ich unter der Woche drei Abende nicht zuhause bin, sondern beim Unterrichten und an den Wochenenden auch oft Seminare oder Workshops leite.

Was ich aber schon mache ist, mit ihnen über Gewalt und Gewaltfreiheit, über Aufrichtigkeit zu sprechen, über Mitgefühl und die Kunst, gleichmütig zu bleiben. Über ahimsa, satya, karuna und upeksa. Ich brauch dazu keinen Yoga-Sutra-Stuhlkreis oder die Bhagavad Gita als Gute-Nacht-Geschichte. Es sind alltägliche Situationen und Geschehnisse, die herhalten dürfen. Streit mit Freunden, mit Mitschülern, die manchmal wütenden Rangeleien der beiden miteinander, die kleinen Halbwahrheiten, was das Lernen und das Versorgen der Hasen betrifft – oder den heimlichen Netflix-Konsum. Je nachdem, was vorgefallen ist, frage ich sie, warum sie so reagiert haben, wie sie es taten. Wie sie sich in der Haut des anderen fühlen würden. Wie sie behandelt werden möchten. Ob Schienbeintreten und Haareziehen (wenn sie sich ganz besonders gern haben) wirklich die einzigen Mittel der Kommunikation sind oder ob man sich hätte auch anders ausdrücken können? Dass manche Menschen so viele Probleme haben, dass sie ihren Ärger darüber an anderen auslassen. Was nicht gut ist, dann aber mit einem persönlich nichts zu tun hat, man sich nicht schlecht fühlen muss (sollte man vorher nicht ordentlich provoziert haben).

Manchmal hören sie zu und sehen es ein, manchmal nerve ich sie mit meinen Fragen. Aber wie sagt man so schön, steter Tropfen höhlt den Stein. Heute hat mir mein siebenjähriger Sohn mittags erzählt, dass sie in der Pause Fangen gespielt haben. Dass einige der Jungs dabei sehr gemein zu dem Fänger, den ich jetzt hier mal Ben nenne, gewesen seien, ihn zu Boden geworfen und an die Wand geschubst hätten. Ich habe ihn gefragt, ob er mitgemacht hat. Er sagte: „Nein.“ Ich wollte wissen, warum nicht. Er sagte: „Weil der Ben nicht gelacht hat.“ Was das für ihn bedeutet habe, wollte ich wissen. „Dass es ihm keinen Spaß macht.“ Er sein dann zu Ben gegangen und habe gesagt: „Schlag mich ab, dann bin ich der Fänger.“ Warum er das getan habe, wollte ich wissen. „Weil mir der Ben leid tat.“ Ob er keine Angst gehabt habe, von den anderen dann auch so rabiat behandelt zu werden, fragte ich ihn. „Nein“, sagte er. „Weißt du Mama, das trauen sie sich nicht. Der Ben ist der schwächste in der Klasse. Ich bin viel stärker.“

In dem Moment war ich tief berührt von diesem und voller Hochachtung und Respekt für diesen kleinen Menschen, der gezeigt hat, dass er sein Herz am rechten Fleck hat und weiß, was sich gehört und was nicht.

Ich erzähle das übrigens nicht, um mit meinen Kindern anzugeben, oder zu sagen, ich bin die beste Mutter der Welt (das bin ich ganz und gar nicht) sonder um zu ermutigen, den Nachwuchs nicht nur viele fremde Sprachen, Videospiele oder Asanas beibringen zu lassen, sondern sie auch mit zutiefst friedensfördernden Ideen wie eben der Gewaltfreiheit und dem Mitgefühl in Berührung zu bringen, sie aus dem Kopf ins Herz zu holen, statt die Auge-um-Auge-Strategie zu fördern. Die macht die Welt nämlich nicht besser.

Are we online? No. No wait. We are online. Now!

Aber, oder besser: Ab jetzt gibt es keine Ausrede mehr. Wir, ich, das Karma und ich, sind online. Endlich. Hat ganz schön gedauert, denn die Idee dazu, zum „Kiss your Karma“-Blog, entstand bereits im März, kurz nachdem mein Buch „Das Karma, meine Familie und ich. Yoga-Philosphie für einen entspannteren Alltag“ im Beltz-Verlag erschienen war. Ich hatte Großes vor. Und dann kam wieder die ganze Welt dazwischen. Wie das eben so ist, wenn man zwei Kinder hat, einen Ehemann, ein Yoga-Studio, eine Yoga-Lehrerausbildung leitet, Sommer ist, dann die Schule beginnt, Schreib-Aufträge reinflattern, die so toll sind, dass man sie nicht ablehnen kann, Seminare vorbereitet werden möchten und Konzerte anders verlaufen als geplant.
Aber jetzt ist erst mal Ruhe. Ein bisschen zumindest. Zeit also für den Blog, Zeit all die Ideen, all die Gedanken hineinzuschreiben. Die tollen Menschen und ihre Projekte vorzustellen, die ich durch das Karma-Buch und den Yoga kennengelernt habe. Altes Wissen lebensnah zu vermitteln. Oder es zumindest zu versuchen. Seelenpflege zu betreiben. Mit euch durch den Karma-Kosmos zu fliegen. Viele Geschichten werden im Süden Deutschlands stattfinden, denn dort lebe ich.
We are online now. (Auch wenn noch nicht alles ganz rund ist.)

Kiss your Karma & take care of your soul.

Layout/Design: Claudia Köck von der www.stube-d.de